"Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft" heißt ein Strategiepapier des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, in dem u. a. eine Analyse der Ausgangslage und notwendige Handlungsfelder zum Thema "Digitalisierung an Schule" zu finden sind.
"Die Bundesbildungsministerin gibt 5 Millarden Euro für freies WLAN an Schulen aus. Dann sparen sich Schüler die Kosten für eine mobile Flatrate.", hörte ich dieser Tage im Lehrerzimmer. Aha - das Thema Digitalisierung ist also in den gesellschaftlichen Fokus gerückt und wird - je nachdem, welche subjektiven Erfahrungen mit der Realisierung vergleichbarer früherer Projekte gemacht wurden - mehr oder weniger tiefsinnig reflektiert. Begriffe wie "Industrie 4.0" oder "digitale Revolution" begegnen realer Bildungslandschaft und mausern sich zu einer komplexen Herausforderung auch für den Bildungsbereich.
Die Anforderungen an die Medienkompetenzen von Lehrern und Schülern sind in den vergangen Jahren zweifellos gestiegen. Um Kinder und Jugendliche auf die spätere Arbeits- und Lebenswelt (die reale, nicht die virtuelle!) vorzubereiten, werden wohl alle Akteure gemeinsam Lernbedingungen und -methoden anpassen müssen.
In diesem Spannungsfeld hatte der Fachbereichsleiter Schulverwaltung des Landratsamts Nordhausen, Herr H.-G. Müller, am vergangenen Mittwoch ins BIC Nordthüringen eingeladen. Der Teilnehmerkreis ließ dann doch auf die größere Bedeutung des Themas schließen. Verantwortliche Mitarbeiter der Schulverwaltungen von Stadt und Landkreis Nordhausen, IT-Fachleute der beiden Schulträger, Medienpädagogen, Schulleiter und "medienkompetente" Lehrer aller Schularten der Region tauschten sich zu diesem Thema aus.
In seinem Impulsreferat zeigte Herr Olaf Kleinschmidt u. a. die aktuelle Situation, das Für und Wider, Ziele sowie Möglichkeiten und Grenzen digitaler Bildung auf. Beachtlich war dabei die Breite und Tiefe, mit der das komplexe Thema den Zuhörern nahegebracht wurde. Einst als IT-fittester Lehrer von Microsoft Deutschland, der BITCOM und der Bundeskanzlerin ausgezeichnet, gibt Kleinschmidt heute nicht nur in Deutschland Workshops und Seminare rund um das Thema Digitalisierung und versucht, Schulen im technischen und methodischen Ausbau des digitalen Unterrichts zu unterstützen.
In den anschließenden Workshops beschäftigten sich die Vertreter der Schulträger u. a. mit den Anforderungen an nachhaltige IT-Infrastrukturen an Schulen und die Teilnehmer aus den Schulen mit den Möglichkeiten digitaler Unterrichtsgestaltung. Hierbei beindruckte natürlich die vorgestellte Technik.
Klar wurde aber auch, dass angepasste pädagogische Konzepte gefragt sind, dass "alte Fragen nicht einfach nur mit neuer Technik beantwortet werden können" (O. Kleinschmidt).
Die abschließende Vorstellung der Workshop-Ergebnisse und die Definition der nächsten Schritte macht optimistisch. Sie zeigte einerseits viele Übereinstimmungen in der Bewertung des Themas durch die Sachaufwandsträger und die Lehrer. Andererseits wurde deutlich, dass auf beiden Seiten der ernste Wille besteht, die Chance, die sich aus der Bildungsinitiative für die digitale Wissensgesellschaft ergibt, von Grund auf zu denken - also nicht in einmaligen Aktionismus zu verfallen. Beleg dafür sind ganz unterschiedliche Aspekte, die im letzten Teil der Veranstaltung besprochen wurden. Das waren u. a.:
- Notwendigkeit professioneller Administration der zukünftigen schulischen IT-Infrastruktur (Investionen auch in "Manpower")
- Leasingmodelle zur Sicherung längerfristigen Supports
- Integration "digitaler Bildung" in beide Phasen der Lehrerbildung
- Lehrerweiterbildung unter besonderer Berücksichtigung der gegebenen Altersstruktur
- Einbeziehung der "Inhaltelieferanten" (z. B. Schulbuchverlage)
- sozioökonomische Fragen zur Sicherung der Teilhabe aller Schüler.
Übrigens: 5 Millarden (fünftausend Millionen!) Euro in 5 Jahren sollen wohl nach einer nicht ganz repräsentativen Berechnung ca. 99 Euro pro Schüler und Jahr in Deutschland ergeben ...
Herr Kleinschmidt hat freundlicherweise die Materialien seines Vortrags zur weiteren Verwendung zur Verfügung gestellt. Die teilweise multimedialen Dokumente geben dem Interessierten einen umfassenden Einblick in die komplexe Thematik. Empfehlenswert ist hier vor allem die Präsentation "Erfolgsbedingungen für die Weiterentwicklung von IT in der Schule".
Aber Vorsicht - hier holt uns die Realität wieder ein. Je nach Bandbreite des Internetzugangs kann der Download der Dateien leicht zur Geduldsprobe werden .
M. Wiegleb
st. Vertr. d. SL
Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft (*.pdf, 9 MB)
Erfolgsbedingungen für die Weiterentwicklung von IT in der Schule (*.pdf, 12 MB)
Aktionsprogramm Digitalisierung (*.pdf, 1,7 MB)
Lernen und handeln in der digitalen Welt - Nationaler IT-Gipfel Saarbrücken 16. - 17.11.2016 (4 MB)